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Pickups mit Doppelkabine und die Kfz-Steuer

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Bei Pickup-Fahrzeugen mit Doppelkabine ist typisierend davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht. Bei Pickup-Fahrzeugen, deren Ladefläche größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche ist, erfolgt die Abgrenzung nach den allgemeinen Kriterien. Überwiegt die Ladefläche die Fläche zur Personenbeförderung nur unwesentlich, spricht dies eher dafür, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist. In die Berechnung der Ladefläche sind alle Flächen einzubeziehen, die geeignet sind, eine Ladung zu transportieren. Dazu gehören regelmäßig auch Ausbeulungen in den Laderaum, z.B. für Radkästen, die aufgrund ihres Abstandes zum oberen Rand der Ladekante und bei gegebener Belastbarkeit noch als Ladefläche (z.B. für Schüttgut oder für flache Gegenstände) genutzt werden können.

Für die Einordnung eines Fahrzeugs als PKW oder LKW ist maßgeblich, ob das Fahrzeug für die Personen- oder für die Lastenbeförderung geeignet und bestimmt ist.

Das Kraftfahrzeugsteuergesetz enthält keine ausdrückliche Definition des PKW. § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG verweist lediglich auf die “jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften”, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die verkehrsrechtlichen Vorschriften enthalten ebenfalls keine ausdrücklichen Bestimmungen des Begriffs des PKW. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt ein eigenständiger kraftfahrzeugsteuerrechtlicher PKW-Begriff zugrunde. Danach ist ein PKW ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, das nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist.

Die Abgrenzung zwischen LKW und PKW ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden.

Der Eignung und Bestimmung zur Personenbeförderung steht es grundsätzlich nicht entgegen, dass Fahrzeuge neben der Beförderung von Personen auch dem Transport von Gepäck oder anderer Güter im privaten oder gewerblichen Bereich dienen oder zu dienen bestimmt sind, wie dies z.B. bei Kombinationskraftwagen der Fall ist. Bestandteil des Regelungsplans des historischen Gesetzgebers war es nämlich, unter bestimmten Voraussetzungen auch solche Kraftfahrzeuge als PKW zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt waren, nicht nur Personen (einschließlich ihres üblichen Gepäcks) zu befördern, sondern einem weiteren Hauptzweck zu dienen.

Nach der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO gilt auch für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, dass anhand von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen ist, ob ein LKW oder ein PKW vorliegt. Hierzu muss das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Merkmale die objektive Beschaffenheit des jeweiligen Fahrzeugs bewerten. Kein Merkmal kann dabei als alleinentscheidend angesehen werden; dies schließt nicht aus, dass einzelne Merkmale ein besonderes Gewicht haben und eine Zuordnung als PKW oder LKW nahelegen können.

Bei Pickup-Fahrzeugen kommt nach ständiger Rechtsprechung neben den anderen technischen Merkmalen der Größe der Ladefläche eine besondere, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu. Die Größe der Ladefläche lässt nämlich den Schluss zu, ob die Möglichkeit einer Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit willen geforderten Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Zuordnungen hat die Rechtsprechung es für gerechtfertigt erachtet, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht.

An dieser Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof fest. Sie führt jedoch nicht dazu, dass in den Fällen, in denen die Ladefläche größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche ist, umgekehrt typisierend von der Eigenschaft des Fahrzeugs als LKW auszugehen ist. In diesen Fällen erfolgt die Abgrenzung vielmehr nach den allgemeinen Kriterien. Dabei ist die Größe der Ladefläche und ihr Verhältnis zur Fläche für die Personenbeförderung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtabwägung, dem allerdings umso größere Bedeutung zukommt, je deutlicher die Ladefläche die Fläche für die Personenbeförderung überwiegt. Überwiegt die Ladefläche die zur Personenbeförderung indes nur unwesentlich, spricht dies eher dafür, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist. In die Berechnung der Ladefläche sind alle Flächen einzubeziehen, die geeignet sind, eine Ladung zu transportieren. Dazu gehören regelmäßig auch Ausbeulungen in den Laderaum, z.B. für Radkästen, die aufgrund ihres Abstandes zum oberen Rand der Ladekante und bei gegebener Belastbarkeit noch als Ladefläche (z.B. für Schüttgut oder für flache Gegenstände) genutzt werden können.

Im Streitfall kann im Ergebnis dahinstehen, ob der auf die Radkästen und den Tankeinfüllstutzen entfallende Teil der Ladefläche zum Transport von Ladung geeignet und deshalb in die Berechnung der Ladefläche mit einzubeziehen ist. Selbst wenn man dies bejahen würde und die Ladefläche folglich die für den Personentransport vorgesehene Fläche geringfügig überwiegen sollte, erweist sich die Entscheidung des Finanzgericht aus anderen Gründen als richtig.

Bezieht man die Radkästen und den Tankeinfüllstutzen in die Berechnung ein, beträgt die so ermittelte Ladefläche 2,86 qm und ist damit nur unwesentlich größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche von 2,81 qm. Dies spricht nicht dafür, dass das Fahrzeug vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist. Das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs und die Herstellerkonzeption als “Crew Cab” mit vier Türen, fünf vollständigen Sitzen und vollständiger Verglasung der Personenkabine lassen auch bei einer rechnerisch etwas größeren Ladefläche das Fahrzeug als PKW erscheinen. Auch die für einen PKW übliche Motorisierung und die Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h lassen den Schluss zu, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend zum Transport von Gütern, sondern von Personen geeignet und bestimmt ist. Dasselbe gilt für die Möglichkeit, Lasten zuzuladen. Die Zuladung liegt mit 1300 kg zwar über der Grenze von 800 kg, die der BFH bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2800 kg als Mindestzuladung ansieht. Mit nur etwas mehr als einem Drittel des zulässigen Gesamtgewichts von 3500 kg liegt sie jedoch nicht so hoch, dass sie eine überwiegende Verwendung des Fahrzeugs zum Gütertransport eindeutig indiziert. Danach erscheint das Fahrzeug nicht überwiegend zum Transport von Gütern geeignet und bestimmt und ist für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer als PKW einzuordnen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. August 2012 – II R 7/11


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